Samstag, 15. Juni 2013

Versprochen

Als sie sich spät in der Nacht gegenüber liegen, da tragen sie nichts auf ihrer Haut als das Salz des Meeres, in dem sie eben noch geschwommen sind. Es ist still in der Wohnung. Von draußen hört man den Regen auf die Blätter fallen. Ein Sommer in Hamburg, der sich viel Mühe gibt, keiner zu sein. An der See war der Wind. Dort ist er geblieben, wie die Wellen, die mit ihnen an Land gingen, als es kalt war und sie liefen, um schnell zu ihren Handtüchern zu kommen, und liefen, bis der Himmel aufreißt, sehr plötzlich ist das passiert. Er sagt, wir sind doch Glückskinder, da hält sie schon ihr Gesicht in den Himmel. Ja, denkt sie, zwei Glückskinder in trockenen Handtüchern. So ist es doch schön.

Er küsst sie. Er nimmt ihr Gesicht in seine Hände und küsst sie, auf die Nase, die Stirn, er ist immer so zärtlich. Sie spürt die Wellen in ihrem Körper, aber vielleicht sind sie auch nur in seinen Händen, auf seiner Stirn, in seinem Lächeln.

Sie wissen nicht, wer ihnen diesen Schatz in die Hände gelegt hat. Sie sagt, ich werde darauf aufpassen. Er sagt, uns kann doch gar nichts passieren. Sie liegen sich gegenüber. Es ist still in der Wohnung. Die kleine Kugel aus Kristall kann niemand sehen. Sie wird nicht kaputt gehen, sagt er, da kann ein Panzer drüber fahren, wenn wir nur darauf aufpassen, sie schaut in seine Augen. Ich passe auf, sagt sie, ich verspreche es dir. Sie gibt ihm ihre Hand. Es ist ein Versprechen, und niemand kann es bezeugen außer ihnen. Zwei Glückskinder auf einem Laken, denkt sie, und eine Nacht, die gerade anfängt. Sie schauen auf die Kugel aus Kristall. Sie ist so zart und zerbrechlich, dass jeder Außenstehende sagt, dass sie nicht lang halten wird. Aber niemand kann sie zerstören. Nur die beiden, die sie von nun an in den Händen halten.