Sonntag, 12. Juli 2009

Und plötzlich ist Sommer

Die Fußgängerzone ist voll, wo ist bloß diese Krise, von der alle schreiben? In Ottensen auf jeden Fall nicht. Ich kaufe einen Milchshake für drei Euro dreißig und verzichte darauf, die Summe in Mark umzurechnen und mich aufzuregen. Weil es ein schöner Moment ist, und die sind so selten. Die kostbare Stille zwischen zwei Regenschauern, ein Samstagnachmittag. Sonst wär ich jetzt im Stadion.

Da dringt plötzlich Pachelbel an mein Ohr. Ich drehe mich um.

Vor dem Mercado haben sich vier Musiker aufgestellt, zwei Geiger, zwei Kontrabassisten. Sie spielen wunderschön, und alle bleiben stehen. Punks und Papas mit Kinderwagen, alte Menschen und kleine Kinder, die ein bisschen unbeholfen vor den Musikern hin- und herschwanken. Sie mögen den Klang und die Melodie, alle mögen diese Melodie.



Als der Kanon vorbei ist, sind die Menschen gerührt, auch ich, so schnell kann das gehen. "Woher kommt ihr", will eine Frau wissen, und einer der Kontrabassisten mit rotem Vollbart und Schiebermütze sagt: "Aus Polen." Er zeigt auf sich und die anderen drei: "Musikstudenten." Dann gibt es einen ungarischen Tanz. Und plötzlich sehr viel Wind. Die Noten der Geiger wirbeln durch die Luft, landen auf den Schultern der Passanten, die plötzlich anhalten und sich bücken und die Noten aufsammeln. Sie bringen sie zurück zu den Musikern, die einfach weiterspielen, weil sie die Noten gar nicht brauchen. Die Zuhörer applaudieren.

Der Regen setzt ein, die Musiker aus. Sie schauen sich kurz an. Auf vier legen sie wieder los: Vivaldi. Der Sommer.